Viele Nutzer von Meta-Diensten wie Facebook und Instagram haben in diesen Tagen eine E-Mail erhalten, die aufhorchen lässt: „Erfahre, wie wir deine Informationen im Zuge der Verbesserung von KI bei Meta verwenden“. Hinter dieser scheinbar harmlosen Ankündigung verbirgt sich ein Vorhaben, das weitreichende Implikationen für die Privatsphäre jedes Einzelnen hat. Wir von Sofortdatenschutz.de nehmen diese Entwicklung zum Anlass zu erklären, was Sie jetzt wissen müssen und tun können.
Was Meta plant: KI-Training mit Nutzerdaten
In der E-Mail teilt Meta mit, dass die Daten der Nutzer für die Meta Systeme „KI bei Meta“ – also generative KI-Funktionen wie Meta AI und AI Creative Tools – genutzt werden sollen, um diese kontinuierlich zu verbessern. Um dies zu erreichen, greift das Unternehmen auf eine breite Datenbasis zurück:
- Öffentliche Informationen: Dazu zählen Beiträge, Fotos und Kommentare von Konten, deren Eigentümer mindestens 18 Jahre alt sind. Explizit erwähnt wird, dass dies alle öffentlichen Informationen umfasst, die seit Erstellung des Kontos in Meta-Produkten geteilt wurden.
- Interaktionen mit KI-Funktionen: Auch die direkte Nutzung der KI-Features von Meta fließt in das Training der Modelle ein.
Als Rechtsgrundlage für diese umfangreiche Datennutzung beruft sich Meta auf sein „berechtigtes Interesse“ (Art. 6 Abs. 1 lit. f DSGVO), die eigenen KI-Systeme zu entwickeln und zu verbessern.
Die kritische Aspekte der Meta-Ankündigung
Obwohl Meta Transparenz signalisiert und auf das Widerspruchsrecht hinweist, werfen die Pläne aus Sicht des Datenschutzes einige kritische Fragen auf:
- Das „berechtigte Interesse“ – wirklich ausreichend?
Das berechtigte Interesse als Rechtsgrundlage erfordert immer eine sorgfältige Abwägung zwischen den Interessen des Unternehmens und den Grundrechten und Grundfreiheiten der betroffenen Personen – in diesem Fall der Nutzer. Meta argumentiert mit der Notwendigkeit, KI zu entwickeln. Aber wiegt dieses Interesse schwerer als das Recht der Nutzer auf informationelle Selbstbestimmung, insbesondere wenn es um potenziell sensible, über Jahre gesammelte öffentliche Informationen geht? Viele Datenschützer sehen die pauschale Heranziehung des berechtigten Interesses für derart weitreichende neue Verarbeitungszwecke kritisch. Eine informierte, freiwillige Einwilligung wäre hier oft der transparentere und fairere Weg.
- Das „berechtigte Interesse“ – wirklich ausreichend?
- Zweckbindung und die Erwartungshaltung der Nutzer:
Die DSGVO schreibt vor, dass personenbezogene Daten für festgelegte, eindeutige und legitime Zwecke erhoben werden müssen (Grundsatz der Zweckbindung, Art. 5 Abs. 1 lit. b DSGVO). Haben Nutzer ihre Urlaubsfotos, politischen Meinungen oder persönlichen Geschichten öffentlich geteilt mit der Erwartung, dass diese eines Tages zum Training globaler KI-Modelle verwendet werden? Wohl kaum. Auch wenn die Informationen „öffentlich“ waren, geschah dies oft in einem bestimmten sozialen Kontext und nicht mit der Intention einer derart weitreichenden, maschinellen Auswertung für gänzlich neue Zwecke.
- Zweckbindung und die Erwartungshaltung der Nutzer:
- Der Umfang der Daten: „Alle öffentlichen Informationen seit Erstellung des Kontos“
Diese Formulierung ist alarmierend. Sie bedeutet, dass potenziell jahre- oder sogar jahrzehntelang gesammelte Daten – Gedanken, Bilder, Entwicklungen – nun für das KI-Training herangezogen werden können. Eine solche rückwirkende Zweckänderung für einen derart großen Datenbestand ist problematisch, selbst wenn die Daten ursprünglich als „öffentlich“ klassifiziert wurden.
- Der Umfang der Daten: „Alle öffentlichen Informationen seit Erstellung des Kontos“
- Transparenz und Verständlichkeit:
Ist die Information in der E-Mail wirklich ausreichend, um die Tragweite zu verstehen? Was genau bedeutet „öffentliche Informationen“? Wie detailliert kann ein Nutzer nachvollziehen, welche seiner spezifischen Daten wie für welche KI-Modelle verwendet werden? Die Komplexität generativer KI macht es für den Einzelnen schwer, die Konsequenzen abzuschätzen.
- Transparenz und Verständlichkeit:
- Das Widerspruchsrecht – Opt-out statt Opt-in:
Meta bietet ein Widerspruchsrecht an. Das ist zwar im Rahmen des berechtigten Interesses vorgesehen (Art. 21 DSGVO), bedeutet aber, dass Nutzer aktiv werden müssen, um ihre Daten zu schützen. Ein Opt-in-Verfahren, bei dem Nutzer explizit zustimmen müssen, bevor ihre Daten für das KI-Training verwendet werden, wäre aus Datenschutzsicht deutlich vorzuziehen. Es ist zu befürchten, dass viele Nutzer die E-Mail übersehen, nicht verstehen oder den Aufwand des Widerspruchs scheuen.
- Das Widerspruchsrecht – Opt-out statt Opt-in:
- Was passiert mit bereits trainierten Modellen?
Selbst wenn man widerspricht, gilt dies laut Meta „zukünftig“. Was ist mit den Daten, die möglicherweise bereits in das Training eingeflossen sind oder in Modellen verankert wurden? Lassen sich die Spuren einzelner Nutzerdaten aus komplexen KI-Modellen überhaupt restlos entfernen? Dies bleibt oft unklar.
- Was passiert mit bereits trainierten Modellen?
Was Sie als Nutzer jetzt tun können
Meta weist in seiner E-Mail auf die Handlungsmöglichkeiten hin:
- Widerspruch einlegen: Sie haben das Recht, der Verwendung Ihrer Informationen für das KI-Training zu widersprechen. Meta stellt hierfür einen Mechanismus zur Verfügung (meist über einen Link in der E-Mail oder in den Datenschutzeinstellungen). Nach erfolgreichem Widerspruch soll Meta Ihre öffentlichen Informationen und Interaktionen mit KI-Funktionen zukünftig nicht mehr für die Entwicklung und Verbesserung generativer KI-Modelle verwenden. Wir empfehlen dringend, von diesem Widerspruchsrecht Gebrauch zu machen, wenn Sie Bedenken haben.
- Zielgruppe für Inhalte ändern: Überprüfen Sie regelmäßig Ihre Privatsphäre-Einstellungen und legen Sie fest, wer Ihre Beiträge sehen kann (öffentlich, Freunde, etc.). Je weniger öffentlich geteilt wird, desto geringer ist die Datenmenge, die potenziell für solche Zwecke herangezogen werden könnte (auch wenn der Widerspruch hier der direktere Weg ist).
- Informationen löschen: Sie haben grundsätzlich das Recht, Ihre Daten zu löschen. Bedenken Sie jedoch, dass dies für bereits trainierte Modelle unter Umständen keine Auswirkungen mehr hat.
Unsere Einschätzung bei Sofortdatenschutz.de
Die Ankündigung von Meta ist ein weiteres Beispiel für das Spannungsfeld zwischen technologischem Fortschritt und dem fundamentalen Recht auf Datenschutz. Während die Entwicklung von KI zweifellos Potenziale birgt, darf dies nicht auf Kosten der informationellen Selbstbestimmung der Nutzer geschehen.
Die Berufung auf „berechtigtes Interesse“ für eine derart umfassende und potenziell tiefgreifende Nutzung personenbezogener Daten, die ursprünglich für völlig andere Zwecke geteilt wurden, ist kritisch zu bewerten. Ein Opt-in-Verfahren wäre hier der deutlich nutzerfreundlichere und datenschutzrechtlich sauberere Weg gewesen.
Wir von sofortdatenschutz.de raten allen Nutzern, sich aktiv mit den Datenschutzeinstellungen der von ihnen genutzten Plattformen auseinanderzusetzen und von ihren Rechten, insbesondere dem Widerspruchsrecht, Gebrauch zu machen. Die digitale Welt erfordert ein hohes Maß an Mündigkeit und proaktivem Schutz der eigenen Daten.
Fazit
Die Entwicklungen im Bereich der künstlichen Intelligenz schreiten rasant voran. Umso wichtiger ist es, dass Unternehmen wie Meta ihre Verantwortung im Umgang mit personenbezogenen Daten ernst nehmen und transparente, faire Lösungen anbieten, die die Rechte der Nutzer wahren.