Wie lange darf eine Wirtschaftsauskunftei Informationen über einen erledigten Zahlungsausfall speichern? Das Oberlandesgericht (OLG) München hat in einem Urteil mit großer Praxisrelevanz entschieden: Eine Speicherdauer von drei Jahren ist grundsätzlich rechtmäßig und angemessen. Die Entscheidung vom 11. April 2025 (Az.: 14 U 3590/24) stärkt die Position von Auskunfteien und den Unternehmen, die auf deren Daten angewiesen sind.
Der Fall: Erledigte Schulden, aber der negative Eintrag bleibt
Ein Verbraucher hatte die Ratenzahlungen für zwei Kredite aus dem Jahr 2017 eingestellt. Erst im Jahr 2022 beglich er die offenen Restschulden vollständig. Die darüber bei einer Auskunftei gespeicherten Einträge blieben jedoch bestehen und bereiteten ihm Schwierigkeiten bei der Aufnahme neuer Kredite. Er klagte auf eine vorzeitige Löschung der Einträge, um seine Kreditwürdigkeit wiederherzustellen.
Die Entscheidung des OLG München: Drei Jahre Speicherung sind notwendig
Das Gericht wies die Klage zurück. Die Auskunftei sei berechtigt, die Informationen über die erledigten Zahlungsausfälle für einen Zeitraum von drei Jahren nach der Tilgung zu speichern. Ein Anspruch auf vorzeitige Löschung bestehe nicht. Die Richter begründeten ihre Entscheidung mit einer klaren Interessenabwägung:
- Prognosewert der Daten: Ein erledigter Zahlungsausfall hat auch in den folgenden Jahren eine hohe Aussagekraft über die zukünftige Zahlungsmoral. Das Gericht stützte sich auf die Erkenntnis, dass die Wahrscheinlichkeit einer erneuten Zahlungsstörung auch drei Jahre nach Erledigung einer alten Forderung noch signifikant erhöht ist.
- Schutz des Wirtschaftsverkehrs: Das Interesse der Auskunftei und ihrer Vertragspartner (wie Banken, Telekommunikationsanbieter, Händler) an einer zuverlässigen Bonitätsprüfung wiegt schwerer als das Interesse des Einzelnen an einer schnellen Löschung. Eine vorzeitige Löschung würde ein falsches, zu positives Bild der Kreditwürdigkeit erwecken und das Risiko für Kreditgeber erhöhen.
- Keine Übertragbarkeit von amtlichen Regeln: Die kürzeren Löschfristen in öffentlichen Schuldnerverzeichnissen sind nicht auf private Wirtschaftsauskunfteien übertragbar, da diese unterschiedliche Zwecke verfolgen.
Was bedeutet das Urteil für Ihr Unternehmen?
- Rechtssicherheit für Auskunfteien und Kreditgeber: Das Urteil schafft erhebliche Rechtssicherheit für die gängige Praxis, erledigte Negativmerkmale für drei Jahre zu speichern. Unternehmen, die Bonitätsprüfungen durchführen, können sich auf die Aussagekraft dieser Daten verlassen.
- Verlässliche Risikobewertung: Für alle kreditgebenden Unternehmen (Banken, Leasinggesellschaften, Online-Shops mit Ratenkauf) bedeutet dies, dass sie weiterhin auf eine fundierte Datengrundlage für ihre Risikobewertung zugreifen können.
- Klarheit für den Umgang mit Kundenanfragen: Wenn Kunden nach Begleichung einer Schuld die sofortige Löschung von Einträgen fordern, können sich Unternehmen auf dieses Urteil berufen und auf die reguläre Löschfrist von drei Jahren verweisen.
FAQ: Bonitätsdaten & Löschfristen – Was Sie wissen müssen
- Wann beginnt die 3-Jahres-Frist zu laufen?
 Die Frist beginnt taggenau mit der vollständigen Erledigung der Forderung, also dem Datum der letzten Zahlung.
- Gibt es Ausnahmen für eine schnellere Löschung?
 Ja, eine vorzeitige Löschung ist möglich und rechtlich geboten, wenn die Daten von Anfang an falsch oder unrechtmäßig eingetragen wurden. Bei sehr kleinen Forderungen (unter 2.000 €), die innerhalb von 6 Wochen beglichen werden, kann ebenfalls eine schnellere Löschung erfolgen, wenn keine titulierte Forderung vorliegt.
- Was passiert nach Ablauf der drei Jahre?
 Nach Ablauf der gesetzlichen Speicherfrist muss die Auskunftei die Daten zu dem erledigten Vorgang automatisch und vollständig löschen.
- Welche Daten darf eine Auskunftei überhaupt speichern?
 Gespeichert werden dürfen Daten, die für die Beurteilung der Kreditwürdigkeit relevant sind, wie z.B. Informationen zu Krediten, Konten, aber auch Zahlungsausfälle, Inkassoverfahren oder Daten aus öffentlichen Verzeichnissen.
Fazit: Bonitätshistorie wiegt schwerer als der Wunsch nach einem schnellen Neuanfang
Das Urteil des OLG München zementiert eine zentrale Praxis im deutschen Kreditwesen. Es stellt klar, dass eine zuverlässige Risikobewertung im Wirtschaftsverkehr auf einer aussagekräftigen Zahlungshistorie beruht. Ein einmaliger Zahlungsausfall verliert seine Relevanz nicht mit der letzten Rate, sondern prägt die Bonitätsprognose für weitere drei Jahre. Für Unternehmen bedeutet dies eine gestärkte Grundlage für ihre Kreditentscheidungen, für Verbraucher die Gewissheit, dass ein verantwortungsvolles Finanzverhalten eine langfristige Angelegenheit ist.
 
 



