Darf ein Online-Shop nach der reinen Kontoeröffnung automatisch Newsletter versenden? „Nein“, entschied das Landgericht (LG) Berlin II in einem klaren Urteil. Die automatische Zusendung von Werbung per E-Mail ohne explizite Einwilligung des Nutzers ist unzulässig und verstößt gegen das Wettbewerbsrecht (LG Berlin II, Urt. v. 28.01.2025 – Az.: 102 0 O 61/24).
Der Fall: Kontoeröffnung führte zu unerwünschtem Newsletter
Ein Verbraucher registrierte sich im Online-Shop eines Unternehmens. Um seine E-Mail-Adresse zu bestätigen, klickte er auf einen Link in einer automatischen E-Mail. Am Ende dieser Mail fand sich der Hinweis, dass seine Adresse für Werbezwecke genutzt werde, dem er aber widersprechen könne. Der Nutzer tätigte keinen Kauf und erteilte auch keine separate Einwilligung für den Newsletter-Empfang. Trotzdem erhielt er Werbe-E-Mails.
Die Entscheidung des LG Berlin II: Klare Absage an gekoppelte Einwilligungen
Das Gericht gab der Klägerin Recht und erklärte den Newsletter-Versand für rechtswidrig. Die Begründung ist ein wichtiger Weckruf für viele Online-Händler:
- Keine wirksame Einwilligung (Opt-in):
Die automatische Verknüpfung der Kontoanmeldung mit der Einwilligung zum Newsletter-Empfang ist unzulässig. Eine wirksame Einwilligung erfordert eine separate, bewusste und aktive Handlung des Nutzers, die hier fehlte. Das Gericht stellte fest, dass die Einwilligung „voreingestellt“ war und der Nutzer durch die reine Anmeldung keine erkennbare Willenserklärung für den Werbeempfang abgegeben hat. Es handelt sich um ein passives Verhalten, das einem Schweigen gleichkommt und keine gültige Zustimmung darstellt. - Bestandskundenwerbung (§ 7 Abs. 3 UWG) greift nicht:
Auch die Ausnahme für Werbung an Bestandskunden war nicht anwendbar. Diese Regelung erlaubt unter strengen Voraussetzungen Werbung für ähnliche Produkte, aber nur, wenn die E-Mail-Adresse „im Zusammenhang mit dem Verkauf einer Ware oder Dienstleistung“ erhalten wurde. Da der Nutzer im Shop nichts gekauft hatte, gab es keinen Verkauf und somit keine Grundlage, ihn als Bestandskunden zu behandeln.
Was bedeutet dieses Urteil für Ihren Online-Shop?
- Trennung von Anmeldung und Newsletter-Einwilligung ist Pflicht: Die Einwilligung zum Newsletter-Empfang darf nicht mit der Registrierung für ein Kundenkonto oder anderen Aktionen gekoppelt sein. Sie muss als eigenständiger, aktiver Schritt erfolgen – typischerweise durch das Setzen eines separaten, nicht vorangekreuzten Häkchens.
- Keine Werbung ohne Kauf: Die bloße Eröffnung eines Kundenkontos macht einen Nutzer noch nicht zum Bestandskunden im Sinne des § 7 Abs. 3 UWG. Ohne einen tatsächlichen Kauf dürfen Sie keine Werbe-Mails auf dieser Grundlage versenden.
- Transparenz bei der Bestätigungs-E-Mail: Verstecken Sie Hinweise auf Werbenutzung nicht im Kleingedruckten einer E-Mail zur Adressbestätigung. Der Hauptzweck der Mail muss klar erkennbar sein und darf nicht mit einer versteckten Einwilligung gekoppelt werden.
FAQ: Newsletter-Marketing & Recht – Was Sie wissen müssen
- Was ist der Unterschied zwischen Opt-in und Double-Opt-in?
Beim Opt-in setzt der Nutzer aktiv ein Häkchen. Beim Double-Opt-in muss er zusätzlich einen Link in einer Bestätigungs-E-Mail klicken. Das Double-Opt-in ist die rechtssicherste Methode, um eine Einwilligung nachzuweisen. - Wann darf ich Werbung an Bestandskunden senden (§ 7 Abs. 3 UWG)?
Nur, wenn vier Bedingungen erfüllt sind: 1. Adresse im Zusammenhang mit einem Verkauf erhalten, 2. Werbung für eigene ähnliche Produkte, 3. Kunde hat nicht widersprochen, 4. Klarer Hinweis auf das Widerspruchsrecht bei jeder Verwendung. - Reicht ein Hinweis auf das Widerspruchsrecht aus?
Nein. Ein Widerspruchsrecht (Opt-out) ersetzt nicht die Notwendigkeit einer vorherigen, aktiven Einwilligung (Opt-in), außer die strengen Kriterien für Bestandskundenwerbung sind erfüllt. - Was sind die Konsequenzen von unzulässiger E-Mail-Werbung?
Es drohen Abmahnungen durch Wettbewerber oder Verbraucherschutzverbände, die mit hohen Kosten und Unterlassungsansprüchen verbunden sind.
Fazit: Online-Händler müssen ihre Anmeldeprozesse überprüfen
Das Urteil des LG Berlin II verdeutlicht erneut die strengen Anforderungen an E-Mail-Marketing. Die Zeiten, in denen eine Newsletter-Anmeldung stillschweigend mit der Kontoeröffnung erfolgte, sind endgültig vorbei. Unternehmen müssen ihre Prozesse dringend überprüfen und sicherstellen, dass sie eine separate und aktive Einwilligung ihrer Nutzer einholen, um kostspielige rechtliche Auseinandersetzungen zu vermeiden.